Wenn du in dieser “Anleitung zur Therapieplatzsuche” gelandet bist, dann hast du den größten Schritt schon mal geschafft: du bist offen für Hilfe! Wir wissen, dass das was jetzt auf dich zukommt, erstmal abschreckend wirken kann, weshalb wir hier versuchen, dir so gut wie möglich Tipps an die Hand zu geben, um möglichst schnell einen Therapieplatz zu bekommen.
Wenn du das Gefühl hast, du schaffst diese Suche nicht alleine, dann hol dir gerne Unterstützung. Bitte Menschen, die dir Nahe stehen, dir zu helfen und sich gemeinsam mit dir hinzusetzen und diese kleine Anleitung abzuarbeiten. Es ist immer leichter, wenn es jemanden gibt, der einen motiviert weiter zu machen.
1. Nach wem suche ich?
Bevor du dich auf die Suche nach einem Therapieplatz machst, ist entscheidend, ob du privat oder gesetzlich versichert bist. Bist du privat versichert, hast du die Möglichkeit auch zu Psychotherapeut:innen zu gehen, die keinen Kassensitz haben. Bist du gesetzlich versichert, zahlt die Krankenkasse nur die Kosten einer Therapie, wenn es sich um einen Therapieplatz bei einem:einer (psychologischen) Psychotherapeut:in mit Kassenzulassung handelt. Das solltest du auf deiner Suche dringend beachten und am besten nochmal bei deiner Krankenkasse nachfragen.
2. Das Erstgespräch
Um an einen langfristigen Therapieplatz zu kommen, braucht es vor allem erstmal ein Erstgespräch. Bei einem Erstgespräch wird ermittelt was für eine Art von Therapie du brauchst und du bekommst dann eine Art Diagnose ausgestellt. Therapeut:innen sind verpflichtet, solche Erstgespräche anzubieten. Allerdings ist die Nachfrage hoch, weshalb es auch schwer werden kann, ein Erstgespräch zu bekommen.
Wichtig: Nur weil du einen Termin für ein Erstgespräch hast, heißt es nicht, dass der:die Therapeut:in dich auch behandeln kann. Es kann sein, dass du in diese Praxis wirklich nur für das Erstgespräch gehst und dich danach um einen richtigen Therapieplatz kümmern musst.
Ohne dieses Erstgespräch ist es überhaupt nicht möglich einen ambulanten Therapieplatz zu bekommen.
Also: Wie kommt man an diese Erstgespräche?
Es gibt zwei hauptsächliche Wege über die man versuchen kann einen Therapieplatz zu bekommen.
Die zentrale Terminservicestelle
Der erste und wahrscheinlich schnellste Weg ist die 116 117 anzurufen. Das ist die zentrale Terminvergabestelle der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Da muss man zuerst bei einer automatischen Ansage einige Fragen beantworten und vor allem Zeit mitbringen. Man kann dort schon eine gewisse Zeit in der Warteschlange hängen. Wenn man aber durch kommt, ist es gut möglich, dass einem schnell ein Termin zu einem Erstgespräch angeboten wird. Nimmst du den Termin an, ist dieser verbindlich - das bedeutet in dem Fall, dass man das Gespräch nur krankheitsbedingt und mit Attest absagen darf, ansonsten muss man die Kosten für den Termin selber zahlen - diese liegen in etwa bei 100 Euro.
Der Vorteil der 116 117 ist, dass sie diese Erstgespräche relativ schnell (in der Regel innerhalb von 4 Wochen) vergeben, man muss sich nur dazu überwinden, zu jemandem zu gehen, den man nicht kennt.
Wichtig für den Hinterkopf: Das Erstgespräch ist wirklich nur dafür da, um festzustellen, dass du einen Therapieplatz benötigst - es geht also noch nicht darum, ob ihr auf persönlicher Ebene zu 100% zusammenpasst.
Die 116 117 erreicht ihr auch hier: www.116117.de
Selbst die Liste durchtelefonieren
Wenn du ein bisschen mehr Kontrolle darüber haben möchtest, bei wem du dein Erstgespräch hast, dann ist es wohl ratsam selbst die Liste durch zu telefonieren. Das kann durchaus seine Zeit dauern, weil die Telefonsprechstunden der einzelnen Praxen sehr unterschiedlich und oft wirklich nur sehr kurz sind. Also hier auf jeden Fall durchhalten und nicht zu schnell aufgeben! Am Besten du legst dir eine Art Kalender an und schreibst die Sprechstunden gesammelt raus - dann kannst du die einzelnen Zeitfenster “abarbeiten”.
Der einfachste Weg an eine Liste von Therapeut*innen in deiner Nähe zu kommen ist über die Website der Kassenärztlichen Bundesvereinigung. Unter kbv.de findest du unter
SERVICE → SERVICE FÜR PATIENTEN → ARTZSUCHE
die Arztsuche. Wenn du hier ein bisschen runterscrollst sind dort alle Bundesländer aufgelistet. Klicke auf dein Bundesland und du wirst direkt zur zuständigen Seite weitergeleitet.
Jede Seite ist da ein bisschen anders aufgebaut, aber du kannst überall angeben, wonach du genau suchst, in diesem Fall Psychotherapeut:innen, und wo du wohnst.
Wenn du diese Suchfelder ausgefüllt hast, wird dir eine Liste von Therapeut:innen angezeigt, die alle in deinem Umkreis sind und die von der Krankenkasse übernommen werden.
Jetzt heißt es “nur” noch anrufen, E-Mails schreiben und Daumen drücken. Hier zahlt sich Hartnäckigkeit wirklich aus.
3. Nach dem Erstgespräch
Wenn du es geschafft hast einen Termin für ein Erstgespräch zu bekommen und du hast diesen Termin auch wahrgenommen, dann ist die erste große Hürde geschafft.
Auch hier gibt es zwei Möglichkeiten, wie du aus einem Erstgespräch herauskommen kannst. Entweder der:die Therapeut:in bietet dir direkt einen Behandlungsvertrag an, oder zumindest die nächsten 4 Stunden, damit ihr euch besser kennenlernen könnt. Oder die Person hat leider keinen Platz für dich.
Wenn Zweiteres der Fall ist, kannst du praktisch wieder oben bei Schritt 1 starten. Du hast die Möglichkeit bei der 116117 anzurufen und dieses mal anzugeben, dass du bereits ein Erstgespräch geführt hast. Dort wird dann versucht dir einen längerfristigen Therapieplatz zu vermitteln. Auch das kann einige Zeit dauern. Was du also noch zusätzlich machen kannst, ist die Liste wieder alleine durchtelefonieren, so wie oben beschrieben.
Sei dir bewusst, dass es dauern kann bis du von einem Erstgespräch zu einem langfristigen Therapieplatz kommst, aber gib die Hoffnung nicht auf. Lass dich auf alle Wartelisten setzen, die dir angeboten werden, oder frag explizit danach, ob sie dich draufschreiben können.
Auch wenn drei Monate Wartezeit im ersten Moment lang klingen, in drei Monaten bist du froh, dass du dich hast drauf setzen lassen. Nimm also jede Möglichkeit, die sich dir bietet wahr.
Wenn Ersteres der Fall ist, kommen auf dich jetzt die probatorischen Sitzungen zu. Die Probatorik ist dafür da, zu schauen, ob der:die Therapeut:in zu dir passt. Vier Sitzungen bezahlt die Krankenkasse bis ihr euch entscheiden müsst, ob ihr in die langfristige Therapie starten wollt. Nimm dir ruhig die Zeit, die du brauchst, innerhalb von vier Sitzungen kann man schon ganz gut merken, ob es sinnvoll ist sich diesem Menschen anzuvertrauen und ob man sich aufgehoben fühlt.
Wenn die probatorischen Sitzungen erfolgreich sind, dann hast du es geschafft und einen langfristigen Therapieplatz gefunden.
Falls nicht, musst du wieder oben in dieser Anleitung starten und entweder die 116117 wählen und von deinem bisherigen Prozess erzählen, oder weiterhin selbst nach einem langfristigen Therapieplatz suchen indem du die Liste durchtelefonierst. Ruf auch gerne bei manchen Therapeut:innen mehrmals an. Es kann immer sein, dass jemand abspringt und spontan ein Platz frei wird.
Sollte es dir wirklich akut schlecht gehen und du brauchst sofort Hilfe, dann wende dich bitte an ein psychiatrisches Krankenhaus oder eine Psychiatrie, damit du gegebenenfalls erstmal stationär oder in einer Tagesklinik versorgt werden kannst. Psychiatrische Krankenhäuser und Fachabteilungen haben eine “Versorgungsverpflichtung“, das heißt, sie sind verpflichtet, Patient:innen aus einem bestimmten Einzugsgebiet stationär aufzunehmen. Hier kannst du dich auch immer an deine:n Hausärzt:in wenden und um Vermittlungs-Hilfe bitten. Auch hier gilt wieder: frag ruhig auch in deinem Umfeld nach - also zum Beispiel bei Familie, Lehrer:innen oder Freund:innen - ob sie dir bei der Suche nach einer Klinik helfen können. Unterstützung bewirkt wirklich so viel!
Egal was kommt, wir wünschen dir ganz viel Kraft und drücken dir die Daumen, dass du den Platz bekommst, der zu dir passt und den du verdienst.
Du schaffst das! ?
